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Tagebucheinträge in der Woche
vom 04.Juli 2004 bis 10.Juli 2004

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Pure Morning

Samstag, 10.Juli 2004 @ 22:19 Uhr
archiv

Gestern hielt ich es noch für einen dummen Zufall, heute überkam mich die Gewissheit: Emus bevölkern den ganzen Campingplatz. Diese flugunfähigen Vögel werden gerne mal mannshoch und sollen im Notfall auch ohne Colgate kräftig zubeißen können. Ich hielt deshalb lieber mindestens fünf Meter Abstand.

Die Sonne schient eifrig, doch der Wind hatte gegenüber gestern noch kräftig zugelegt. Als um 11 Uhr die Vorbereitungen zum Tauchen beginnen sollten, wurde die ganze Aktion abgesagt und auf morgen vormittag verschoben, weil Wellengang und Strömungen heute zu gefährlich wären.

Und nun ? Mir wurde der Tipp gegeben, mir einen Motorroller auszuleihen. Diesen darf ich mit dem ganz normalen Autoführerschein fahren, weil sie höchstens 60 km/h erreichen. Für 25 A$ plus Benzin gibt es einen ganzen Tag Spaß. Gesagt, getan !

Ganz im Norden der Cape-Range-Halbinsel, dem nordwestlichsten Zipfel Australiens, fand ich die gigantischen Antennen der amerikanischen Armee, genauer der US Navy, vor. Alle 13 sind jeweils höher als der Eiffelturm - und stehen hier schon seit etwa 40 Jahren. Gar ein eigenes Kraftwerk ist zur Stromversorgung notwendig. Ganz zu schweigen vom privaten Öltanker-Anlegeplatz.

Als nächstes war der Vlamingh-Head-Leuchtturm an der Reihe. Die kleine Anhöhe brachte meinen Scooter (so heißen hier die Motorroller) kräftig zum Keuchen, ich fühlte mich fast wie Jan Ullrich am l'Alpe d'Huez. Mit dem kleinen Unterscheid, dass ich nicht schweißtreibend in die Pedale treten muss, sondern nur leicht am Gashahn zu drehen brauche.

Nach erfolgter Umrundung des Kaps steuerte ich schnurstracks und immer fein in der Straßenmitte fahrend auf das Ningaloo Riff zu. Im Gegensatz zum weltbekannten Great Barrier Reef im Nordosten Australiens liegt es nicht mehrere Kilometer vor der Küste, sondern oft nur ein paar Meter vom Strand entfernt. Das macht es für Spontan-Schnorchler und auch einfach nur Badende interessanter. Sie können hier Unmengen Fischschwärme hautnah erleben und in der Brutsaison ebenfalls Schildkröten sehen. Der Scooter-Verleih gab mir kostenlos eine einfache Schnorchelausrüstung mit und ich stürmte das Wasser.

Und das Ningaloo Riff hat einen weiteren Vorteil: es ist relativ unbekannt. Am Torquoise Bay sah ich vielleicht 20 oder 30 Leute. Viele Urlauber zieht es mehr auf die Boote, die im weiten Meer nach den Walhaien suchen. Diese Planktonfresser sind trotz des Wortes "Hai" im Namen total harmlos und gleichzeitig doch die größten Fische der Welt (der Blauwal ist nämlich ein Säugetier). Mir mißfällt etwas die extrem professional organisierte Jagd nach Walhaien: meist suchen zwei, drei Flugzeuge den ganzen Tag nach den Tieren und wenn sie dann gefunden wurden, stürzen sich die Boote auf die armen Opfer, damit jeder Tourist mal kurz bei seiner Kamera auf den Auflöser klicken. Übrigens für mehr als 200 A$ ...

Eine für Verkehrsteilnehmer sehr gefährliche Uhrzeit sind die Morgen- und Abenddämmerung; in dieser Zeit sind die Känguruhs am aktivsten. Als sich die Sonne langsam dem Horizont näherte, schwang ich wagemutiger Ritter der Landstraße mich auf meine Maschine und düste mit wehenden Haaren zurück. Per Handgruß verabschiedete ich mich von all den irritiert dreinblickenden Känguruhs.

Für einige ist selbst dieser Nationalpark kein Schutz: entlang der Straße sah ich mindestens ein Dutzend tote Hüpfer, die von Autos angefahren wurden. Natürlich fährt hier jeder einen Jeep und gibt gnadenlos Gas. Stahl ist härter als Tierknochen.

Zurück am Vlamingh-Head-Leuchtturm konnte ich dann endgültig den Sonnenuntergang bewundern. Ein paar Buckelwale zeigten sich im Wasser: wer genau hinsieht kann sie im Foto entdecken. Tipp: sucht mehr auf der linken Seite.

Und in totaler Dunkelheit kam ich am Scooter-Verleih wieder an. Laut Tacho legte ich über 160 km zurück, d.h. ich verbrachte fast drei Stunden auf dem niedlichen Teil. Definitiv die beste Entscheidung heute !





How The West Was Won

Freitag, 09.Juli 2004 @ 19:48 Uhr
archiv

Der Katzensprung vom Giralia Turnoff nach Exmouth, knappe 200 km, riss mich nicht vom Hocker. Interessanter war schon die Unterkunft: telefonisch hatte ich eine Jugendherberge oder etwas ähnlich preiswertes versucht ausfindig zu machen. Mein Reiseführer hatte dazu ein paar Adressen parat, doch stets erhielt ich am Telefon die Absage, dass mitten in der Nacht die Rezeption nicht geöffnet sei. Letztenendes konnte mir Pete's Backpacker weiterhelfen: ich solle einfach dem Busfahrer Bescheid geben, denn er hätte einen eigenen Schlüssel für die Unterkunft. Der Busfahrer ? Na egal, Hauptsache ein Bett.

Und in der Tat: die Endstation der Fahrt hieß Pete's Backpacker, das Greyhound-Gefährt wurde ordentlich geparkt und der Busfahrer wird hier vermutlich selbst schlafen bevor er morgen mittag nach Perth weiterfährt. Er zeigte mir ein Zimmer, gab mir Kopfkissen etc. und verkaufte mir die Unterkunft für 10 A$ für die erste Nacht. Wenn man überhaupt von Nacht reden kann: die Sonne war mittlerweile aufgegangen.

Gegen Mittag wachte ich dann auf und zog von der provisorischen Unterkunft in eine feste um, die ich für die nächsten Tage bewohnen werde. Ich teilte sie übrigens mit einem Holländer, der nach ein paar Jahren Arbeit als Software Engineer feststellte, dass dieser Beruf ihn anko#$&@ und er doch lieber als Divemaster professional tauchen will. Der zweite Bewohner, ein Brite, hatte seine Masterarbeit über Objektorientierung, eine Softwarearchitekturtechnik, geschrieben und die Nase voll von dem Thema. Da bereise ich nun die Westküste um Computer u.ä. weit hinter mir zu lassen und dann lande ich in einem Nest aus Computergeschädigten. Vielleicht sollte ich mich ihnen eines Tages anschließen.

Exmouth ist nicht gerade groß, aber das naheliegende Ningaloo Riff versorgt min. fünf Tauchshops mit genug Arbeit. Ich entschied mich für den Ausflug zum Navy Pier, der schon morgen stattfinden soll. Er ist das teuerste Revier vor Ort, weil er angeblich zur Top Ten der weltweit schönsten Tauchplätze zählt.

Nach etwa zwei Wochen war Wäsche waschen angesagt. Pete's Backpacker liegt inmitten eines Campingplatzes und ist quantativ und qualitativ gut mit Infrastruktur ausgestattet. Doch statt der verfügbaren Wäschetrockner - gegen Entgelt, versteht sich - nahm ich lieber den steten Wind in Anspruch, der für nur mich kostenlos wehte. In unter zwei Stunden war alles wunderbar trocken - sehr schön !





By Starlight

Freitag, 09.Juli 2004 @ 04:45 Uhr
archiv

So eine heiße Nacht, das wär doch was

Ähm, wie kommt ich denn darauf ? Kurze Geschichte, schnell erklärt: mein Bus kam relativ pünktlich um 1:50 Uhr mitten in der Nacht am Giralia Turnoff an. Dort wartete bereits der Zubringerbus, der mich nach Exmouth, meinem heutigen Reiseziel bringen sollte. Umgestiegen, in den Sitz geklemmt und ... watt denn nu ?

Warum fährt der Bus nicht los ? Worauf warten wir ? Nach fast einer halben Stunde konnte ich dem Busfahrer immerhin entlocken, dass noch ein weiterer Bus ankommen soll, der zusätzliche Reisegäste für den Zubringer an Bord hat. Und genau dieser Bus ist anscheinend verschollen.

Nach über einer Stunde, mittlerweile ist es 3 Uhr morgens, stellt der Busfahrer die Heizung ab um Benzin für den vor uns liegenden Weg zu sparen. Auch wenn es sich blöd anhört: die Nacht kann in Australien gerne kühl werden, da keine Wolken die Tageswärme zurückhalten und die Erde nur wenig Hitze speichert. Und in Zentralaustralien ist Frost ein nicht ganz unbekannter Geselle, denn etwa in Alice Springs klettert das Thermometer zur Zeit am Tage nicht über 17 Grad und des Nachts ziert eine weiße Schicht den Boden. Ich wollte es nicht glauben, aber das ist Tatsache und übrigens ganz normal um diese Jahreszeit.

Eine weitere Stunde später, also um 4 Uhr, sitzen alle mit Jacke da, denn ich vermute mal, dass die Temperatur im Bus weit unter 15 Grad liegt. Und der Bus, auf den wir warten, ist weiter verschollen. Was ist wenn er einen Totalausfall hat (so wie der andere Bus in Kununurra) ? Warten wir dann 24 h, also einen ganzen Tag ?

Endlich, endlich, endlich. Um 4:30 Uhr schließlich erscheint ein Hoffnungsschimmer am Horizont: nicht in Form der Morgensonne, die ja auch nicht mehr weit sein sollte, sonst die Scheinwerfer des vermissten Buses ! Juchhu !

PS: die Ölwanne war defekt. Vielen Dank.





The Line Is Fine

Donnerstag, 08.Juli 2004 @ 21:28 Uhr
archiv

Und wieder weiter ... jaja, vier Wochen hören sich viel an, aber wenn man auch viel vorhat, dann können sie ganz schön kurz sein. Vor allem, wenn man ständig von einem Ort zum nächsten zieht. Das heißt jedesmal alles mit Gewalt in die leicht unterdimensionierte Reisetasche quetschen, den Rucksack bis zur Obergrenze vollladen und das, was dennoch übrigbleibt, heimlich in den Schlafsack mogeln. Übrigens begann ich die gesamte Reise laut Flughafenwaage in Sydney mit 17 kg. Es zeichnen sich immer mehr Gegenstände ab, die ich leider absolut unnütz durch's Land schleppe.

Und ist schließlich alles mit Hängen und Würgen abfahrtbereit, dann fehlt nur noch eins: der Bus. Bislang verbrachte ich glücklicherweise nur insgesamt eine Stunde mit Warten. Heute morgen kamen weitere 1,5 Stunden dazu. Leider weiß man nie, ob der Bus Verspätung hat und erst recht nicht wieviel. So habe ich keine Möglichkeit die Wartezeit sinnvoll zu nutzen sondern sitze nur regungslos am Straßenrand. Obwohl: für solche Fälle ist die Kurzgeschichten-artige Struktur der Bibel doch wie geeignet ! Alle Bücher Moses sind durch, quasi die Frühgeschichte Israels ist durchforstet.

Wer kennt das nicht: hungrig einkaufen gehen ist der Kardinalfehler schlechthin ... wann soll ich das ganze Zeugs fressen, was ich gestern im Tausch gegen Münzen und Scheinchen im Supermarkt erstanden habe ? Also verhungern werde ich auf der Fahrt unter Garantie nicht.

Im Bus hatte ich wieder zwei Sitze für mich und entschied mich spontan für den Fensterplatz, mein Rucksack musste trotzig am Gang sitzen bleiben. So bestand für ihn jedoch die Möglichkeit den Gang entlang zu schielen und eine Straße zu sehen, die schnurgerade bis zum Horizont ging: zwischen Broome und Port Hedland liegt eines der heißesten und deshalb unbewohntesten Gebiete Australiens. Trotzdem ist recht flächendeckender Buschbewuchs zu sehen; vermutlich reicht der Regen aus, der ein- oder zweimal im Jahr durch tropische Wirbelstürme herangetragen wird.

Der Busfahrer fährt die Strecke fast täglich und gestern herrschten wohl 44 Grad im Schatten. Die einzige Tankstelle hieß dann auch bezeichnenderweise Sandfire. Ganz unerwartet begrüßte mich eine sehr lebendige Tierwelt: die Raststätten-Besitzer halten sich nicht nur Reitpferde sondern auch ein Dutzend Pfaue. Letztere laufen frei herum und beäugen sämtliche Reisende neugierig. Das mag sich lustig anhören, ist es aber nicht: die Pfaue können ziemlich penetrant nach Krümeln suchen. Dabei nehmen sie im Zweifelsfall gern den größten sichtbaren Krümel, nämlich genau das, was man gerade in der Hand hält und eigentlich für den eigenen Magen bestimmt ist.

Wer baut so elendig gerade Straßen ? Menschen mit depressiv-manischem Hang zur Langeweile ? Zum Glück sind alle Greyhound-Busse mit Videorekordern ausgestattet und konnte ich doch noch Ablenkung finden.

Port Hedland ist einer der größten Eisenerzhäfen Australiens und sieht auch dementsprechend verrostet aus. Nicht viel besser ergeht es Karratha, der zweiten Stadt am Rande der Pilbara. Beide Städte weisen jeweils über 10.000 Einwohner auf. Das heißt, dass entlang der heutigen Fahrtstrecke von über 2.000 km inkl. kleinerer Siedlungen und Farmen wahrscheinlich fast 30.000 Menschen leben ... und sie bewohnen die Pilbara, die geologisch älteste Region der Welt. Hier findet man die ganzen Uralt-Fossilien, wie etwa 3 Milliarden alte versteinerte Stromatoliten, die von der Kinderstube unserer Erde zeugen.





My Big Mouth

Mittwoch, 07.Juli 2004 @ 22:35 Uhr
archiv

Im Gegensatz zu gestern musste ich Kamel heute erbarmungslos um sechs Uhr morgens aus meinem Schlafsack kriechen. Warum ? Na weil ich heute meine Brüder und Schwestern aus der Tierwelt besuche, d.h. einen Kamelritt zum Sonnenaufgang gebucht hatte !

Vor nicht einmal 200 Jahren von den Weißen in Australien eingeführt, sind diese Tiere hier sehr schnell heimisch geworden. Es gibt gar große wildlebenden Kamelherden, die für nicht wenig Probleme sorgen. Nicht ganz so schlimm sind die Kamele, die von Menschen bewusst gezüchtet werden: Australien exportiert gar Kamele in einige arabische Länder und verdient gutes Geld damit !

Von den Gehegen durch die Dünen und entlang des Cable Beach wankte das sogenannte Wüstenschiff eine ganze Stunde unter mir hin und her. Ich kann schon verstehen, wenn da manche Leute seekrank werden. Ohne es zu merken verlor ich unterwegs meine Kameratasche und durfte deshalb den ganzen Weg, den ich auf dem Kamel zubrachte, erneut zu Fuß zurücklegen. Das machte mir eindrucksvoll klar, wie weit diese Höckertiere täglich mehrfach laufen müssen.

Und schon wieder Deutsche ! Ja, man sitzt zu zweit auf den Kamelen und meine mir vorher unbekannte Partnerin kam aus Hamburch. Es kommt in der Tat nicht oft vor, dass Frauen wie sie Luft- und Raumfahrttechnik studieren ...

Erst auf der Rückkehr von meiner erfolgreichen Suche nach der Kameratasche wurde mir die Weite dieses Strandes, des Cable Beach, bewusst. Nicht nur das: der Sand ist auch sehr feinkörnig, angenehm hell und nahezu frei von Steinchen oder spitzen Muscheln. Das hebt ihn in die allererste Liga empor, manche bezeichnen in gar als einen der besten ganz Australiens. Na wir wollen mal nicht übertreiben.

In der Regenzeit, also in ein paar Monaten, kann es hier potenziell Würfelquallen geben. An genau so eine dachte ich beim Anblick des abgebildeten Schleimungetüms. Aber ich hatte unrecht, das Viech war absolut harmlos und schon tot.

Zurück in Broome Downtown - der Ort zieht sich in der Tat ganz schön hin, vom Cable Beach bis zum Stadtzentrum sind es schätzungsweise fünf km - gab es wieder etwas Geschichte: Broome erblühte durch das Schaffen und Werkeln der Perlentaucher. Sie kamen überwiegend aus Japan und holten die Muscheln aus den Tiefen anfänglich nur zur Gewinnung von Perlmutt, die bezaubernden Perlen waren eher unwichtiges Nebenprodukt.

Mit der Erfindung von Plastik war Perlmutt als ehemals präferiertes Material zur Herstellung von Knöpfen plötzlich nicht mehr gefragt und mit Broome ging es wirtschaftlich bergab. Erst die Einführung von gezüchteten Perlen schützte den Ort vor der Bedeutungslosigkeit. Erneut spielten die Japaner eine große Rolle und somit gibt es ein kleines Chinatown (hä ? Warum nicht Nippontown ?) in Broome.

Proviant besorgen und Sachen packen ! Morgen steht die längste Fahrt meiner gesamten Westaustralien-Reise bevor: nahezu ein ganzer Tag im Bus, das kann ja gemütlich werden





God Is A DJ

Dienstag, 06.Juli 2004 @ 21:07 Uhr
archiv

Kaum fiel ich morgens aus dem Bett, aß mein Frühstück und wollte loslaufen um Broome weiter zu erkunden, da überkam mich der verführerische Gedanke: wie wäre es eigentlich mit einer Runde Schlaf ? Gesagt, getan ! Im Cable Beach Backpackers, meiner Unterkunft, gab es ein paar Hängematten zur Auswahl, die mich innerhalb weniger Sekunden wieder ins Reich der Träume zurückbeförderten, um endlich das Schlafdefizit dieser anstrengenden Nachtbusfahrt auszubügeln.

Aus meinem Vorhaben, mir per Tausch ein neues Buch zu besorgen, wurde nichts so richtig. Erstens war das Angebot nicht so doll (Herz-Schmerz-Schnulzen müssen echt nicht sein) und dann gab es da ja noch einen kleinen Schatz in meiner Reisetasche, den ich vor einem halben Jahr aus Deutschland mitgebracht hatte: die Bibel ! Ich hatte mir mein Leben lang vorgenommen, auch als Atheist eines Tages mal das sogenannte Buch aller Bücher zu lesen. Am 6.Juli 2004 fing ich mit dem ersten Buch Moses, der bekannten Genesis, an.

Im Laufe des Nachmittags hatte ich mich dazu aufraffen können bis zum Strand zu laufen um mich zugleich wieder von diesem zu entfernen. Nein, am Anblick hat's wahrlich nicht gelegen, aber die Sonne knallte mir eindeutig zu heiß auf den Kopf. Und so suchte ich lieber die Nähe einer Schatten spendenden Palme, um einen unangenehmen Sonnenstich zu verhindern. Nicht auszumalen was ich dann für Quark hier in mein Tagebuch schreiben würde !

Per Internet geht alles so einfach: am Abend buchte ich meinen Rückflug von Perth nach Sydney (am 27.Juli, in drei Wochen) für sagenhafte 149 A$ mit Qantas, der ehemals staatlichen australischen Fluglinie. Übrigens ist Telekommunikation nicht unwesentlich auf meiner Reise: mein flexibles Busticket erlaubt mir beliebige Aufenthalte in den Orten meiner Wahl entlang der Busroute. Ich muss lediglich 24 Stunden vorher bei der Greyhound-Zentrale per Telefon anrufen um einen Platz im nächsten Bus zu sichern. Zwar gibt es ziemlich oft keinen Handyempfang, aber wirklich überall steht ein kleines Telefonhäuschen und verschönert die Gegend.





Man On The Moon

Montag, 05.Juli 2004 @ 23:31 Uhr
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Broome klingt von der Aussprache verdammt wie mein Nachname. Zumindestens auf Englisch: die meisten sagen zu mir in Down Under sss-tä-fahn bruhm. Ich investiere viel Mühe darauf, wenigstens meinen Vornamen mit einem Sch zu hören, weil ich auf deutsch nun mal schtef-fann heiße. Basta.

Broome als Epizentrum der Nordwestküste Australiens hat schon begeisternde 15.000 Einwohner und dank eines internationalen Flughafens (ja, richtig gelesen !) plus gut ausgebauter Tourismusbranche kommen in Spitzenzeiten nochmal mindestens genauso viele Fremde dazu. Somit findet man eine vernünftige Infrastruktur vor, die von vertrauten Coles-Supermärkten über die üblichen Fast-Food-Ketten hin zu einem Kino reicht. Ich bin begeistert.

Das Kino hat viel Geschichte: es ist das älteste Freiluftkino der Welt, welches sich noch in Betrieb befindet. Die auf dem Foto zu sehende Häuserwand täuscht, es befindet sich lediglich der Projektor darin. In Liegestühlen breiten die Besucher ihre Hintern aus um sich einen der täglich zwei Filme anzusehen. Diese entsprechen dem aktuellen Kinoprogramm - okay, sie hängen zwei oder drei Wochen den Großstädten wie Sydney hinterher. Positiv zu erwähnen ist, dass das komplette Kinoprogramm einen vollen Monat vorher per Aushang bekannt ist. Das nenne ich Planungssicherheit.

Nicht ganz eingeplant hatte ich ein monatliches Ereignis, das in Broome für spontane abendliche Versammlungen am Strand sorgt: den Staircase to the Moon, die Treppe zum Mond. Wenn Vollmond herrscht, dann hat sich das Meerwasser zur Ebbe zurückgezogen und bringt einen nordseewatt-ähnlichen Modder zum Vorschein der bis zum Horizont reicht. Der Mond geht dann kurz nach Eintreten der Nacht über eben diesem Horizont auf.

Anfänglich noch blutrot, färbt sich der Mond innerhalb weniger Minuten orange, dann gelb und schließlich weiß. Der noch feuchte und unebene Modder reflektiert das Mondlicht, was den Eindruck von Stufen entstehen lässt, welche vom Strand bis zum Mond reichen: die Treppe zum Mond.

Dieses einzigartige Naturschauspiel sorgte mit seinem gemächlich ändernden faszinierenden Farbenspiel dafür, dass ich total meine enorme Müdigkeit vergaß, die ich der letzten Nacht-Busfahrt verdankte. Das will was heißen.

Ach so: alle meine Bilder sind unglücklicherweise unscharf, da wieder das übliche Problem mit Nachtaufnahmen per Digitalkamera zuschlug. Ich besitze kein Stativ um meinen Fotoapparat zu fixieren und wollte auch nicht den sonst funktionierenden Trick anwenden: einfach auf den Boden legen. Da hatte ich etwas viel Angst vor dem feinen Sand, der schnell in alle Ritzen kriecht und mit Vorliebe Objektive zerkratzt.





When I Come Around

Montag, 05.Juli 2004 @ 10:09 Uhr
archiv

Australien ist groß. Sehr groß. So groß, dass während meiner knapp 18 Stunden Busfahrt von Kununurra nach Broome keine ernstzunehmende Siedlung zu sehen war. Von Dörfer oder kleinen Städten will ich gar anfangen zu träumen. Hier ist the middle of nowhere: das Nichts in Reinkultur.

Ganz verschlagene Geologen entdeckten in dieser abgeschiedenen Gegend nicht nur einen riesigen Kometenkrater, den laut meinem Reiseführer Lonely Planet zweitgrößten der Welt. Aber angesichts von "nur" 800m Durchmesser und 50m Tiefe scheint mir das etwas übertrieben. Der Wolfe-Creek-Krater liegt eh mehrere Kilometer abseits befestigter Straßen. Diese führen nämlich lieber zur Lake-Argyle-Diamantmine. Sie soll ein Drittel der weltweiten Diamantenproduktion zu Tage fördern, allerdings sind die Edelsteine nur in Industriequalität, d.h. zu klein und nicht absolut rein. Den Krater und das Bergwerk kniff ich mir und suchte stattdessen eine Mütze Schlaf.

Die Nacht in drei Worten: kurz und kalt. Kalt ? Ja, die Klimaanlage lief auf Wunsch mehrerer älterer Damen die ganze Nacht und kühlte des Bus auf unter 20 Grad. Ich war leider nichtsahnend mit kurzer Hose und T-Shirt an Bord gegangen, der Rest meiner Kleidung lag sauber gefaltet in meiner Reisetasche, welche sich tief im Gepäckraum versteckte.





World On Fire

Sonntag, 04.Juli 2004 @ 23:44 Uhr
archiv

Mein Bus fuhr heute gleich nach Broome weiter. Beim Einsteigen war ich etwas verwundert, denn die Anzahl Passagiere schien doppelt so hoch wie gestern zu sein. Lag es am Wochentag (Sonntag) ? Nein ! Der gestrige Bus, der, mit dem ich in Kununurra ankam, blieb nur wenige Kilometer nach Verlassen Kununurras mit Getriebeschaden liegen und wurde zurückgeschleppt. Ich erinnerte mich plötzlich an das beängstigend kratzende Geräusch, wenn der Busfahrer zu schalten versuchte. Nun gut, alle Passagiere von gestern konnten also erst heute weiterfahren, da es eben nur diesen einen Bus gibt, der genau einmal täglich fährt und ab und zu gar ersatzlos gestrichen werden muss - wie etwa bei Getriebeschaden. Glücklicherweise blieb der Sitz neben mir frei und konnte meine Beine bequem ausstrecken und meine Fressalien für die nächsten 18 Stunden Fahrt ausbreiten.

Ganz Western Australia liegt zwei Stunden Zeitunterschied hinter Sydney, 90 Minuten hinter Darwin und holt im Gegenzug sechs bzw. acht Stunden Vorsprung zu Deutschland heraus (abhängig von der Sommerzeit). Die große Zeitdifferenz von Kununurra zu Darwin ist eine Ursache dafür, dass in Darwin die Sonne zu den üblichen Zeiten untergeht, in Kununurra aber schon am frühen Nachmittag sich verabschiedet. Um fünf war es tatsächlich duster, oh je ...

Dunkelheit kann auch etwas wundervolles sein. Zur Verhinderung großer, unbeherrschbarer Waldbrände zünden die Feuerwehrleute regelmäßig die Büsche an und verbrennen damit kontrolliert all das entzündliche Biomaterial. Dieses sogenannte Backburning haben schon die Aborigines jahrhundertelang betrieben und einige Pflanzensamen benötigen gar die Hitze zum Keimen. Solche tiefschürfenden Überlegungen waren mir alle völlig egal, denn die glimmende Glut sieht des Nachts einfach nur schaurig schön aus. Über Kilometer hinweg durchfuhr der Bus ein Fleckenmeer aus rot-orange leuchtenden kleinen Flammen.

Ich bin unendlich traurig, dass ich keine Beweisfotos habe. Das Problem mit Digitalkameras ist die lange Auslösezeit bei Nachtaufnahmen. Sie beträgt meist ein oder zwei Sekunden und der Bus hielt nun mal nicht für mich an, damit ich kurz auf den Knipser drücken könnte. Einen kleinen Eindruck vermittelt die schon etwas ältere Aufnahme von meinem Canberra-Ausflug, die hier abgebildet ist.





Dirty Little Secret

Sonntag, 04.Juli 2004 @ 21:31 Uhr
archiv

Morgens schlich ich mich als einer der ersten aus dem Bett, um dann gleich einen wahrlich erhebenden Anblick zu erhaschen: eine Gruppe blutjunger Deutscher hatte gestern Pizza bis zum Abwinken gefuttert, entsprechend Bier getrunken und danach die wohl größte Sauerei hinterlassen, die mir dieses Jahr untergekommen ist. Die armen Mitarbeiter vom der "Kimberley Croc"-Herberge durften alles aufräumen und verzweifelten fast. Moral der Geschichte: lasse nie Deutsche weg von ihrer Mami, wenn sie gerade erst 18 geworden sind. Verständlicherweise versuchte ich zu vermeiden, dass einer meine Nationalität rausbekommt. Und warum müssen Deutsche immer so unangenehm auffallen ? Ich bekam in Australien weit mehr als nur einmal gesagt, dass ich glücklicherweise anders als die anderen Deutschen bin.

Vom Kelly's Knob Lookout, einen kleinen Berg gleich am Ortsrand, verschaffte ich mir einen Überblick über den Ort Kununurra und die die ganze Bewässerungsebene. Das ganze Gebiet hier heißt Kimberleys und ist eine der am dünnsten besiedelsten Gegenden Australiens, weil das Wasser absolut unberechenbar ist. In der Trockenzeit verdörrt jeder Pflanzenkeim, während in der Regenzeit die Flüsse gerne mal um über 10m ansteigen und alles wegspülen. Nicht genug damit: bis zum Indischen Ozean sind es etwa zwei Stunden Fahrzeit und dort findet man den weltweit zweitgrößten Tidenunterschied zwischen Ebbe und Flut. Der Wasserspiegel sinkt und steigt innerhalb weniger Stunden um bis zu 12m. Täglich.

Kununurra liegt am Ufer des Ord River, der aufgrund eines Staudamm den größten Trinkwassersee Australiens speist. Dieser Staudamm sorgt für ausreichend Wasser in der Trockenzeit und verhindert Überflutungen in der Regenzeit. Da die Sonne fast täglich angenehme 33 Grad hervorzaubert, gedeihen diverse Südfrüchte im Überfluß und schaffen vielzählige Arbeitsplätze. Trotzdem leben nur hier nur 6.000 Menschen und ein paar Saisonarbeiter. Seltsamerweise waren Mangos etc. im Laden nicht billiger als in Sydney.

Der erwähnte Ausblick vom Kelly's Knob wurde ein klein wenig von einer Sendeanlage des Militärs versperrt. Darum scherten sich die Unmengen lustig hoppelnder Känguruhs recht wenig und sahen mir zu wie ich ihnen zusah. Immer das gleiche Dilemma.

Die Bungle Bungles in den Kimberleys ziehen viele Touristen an. Diese einzigartig abgerundeten Bergformationen sind nur schwer per Straße zu erreichen - in der Regel fliegt man mit einer kleinen Propellermaschine hin. Der Spaß kostet fast 300 A$ für lediglich zwei Stunden und deshalb zog ich dank eines Insider-Tipps die Sparvariante vor: das bequem in einer Stunde zu Fuß erreichbare Hidden Valley im Mirima National Park ist zwar ein ganzes Stück kleiner als die Bungle Bungles, aber rein geologisch auf genau die gleiche Art und Weise entstanden.

Die Ruhe und Stille verleitete mich zu einer ungewöhnlichen Lektüre: in vielen Herbergen gibt es Büchertausch-Regale. Und in genau so einem fand ich eine deutsche (!) Gandhi-Biographie. Das dünne Heftchen bot zwar interessanten Lesestoff - der magere Umfang konnte mich lediglich über die Mittagshitze herüberretten, die ich mit ein paar neugierigen Ameisen im Schatten verbrachte. Beim nächsten Büchertausch brauche ich Nachschub.

Zurück in Kununurra fielen mir betrunkene Aborigines unangenehm auf. Sie sprachen jeden an, ob man nicht ein paar Dollar übrig hätte. Dass sie davon noch mehr Alkohol kaufen wollten, erzählten sie nicht. So leid es mir tut: bislang traf ich fast keine Aborigines ohne schwerwiegende soziale Probleme. Denn wer nicht trinkt, der isst anscheinend und deshalb sind die Frauen durchweg stark übergewichtig.

Ich erwähnte schon häufiger, dass Alkohol in Australien nicht im Supermarkt, sondern nur in speziellen Bottle Shops erhältlich ist. In Western Australia steigert man das ganze noch ein wenig, indem die Bottle Shops als Drive-In fungieren: ähnlich wie bei McDonald's fährt man mit dem Auto vor, kurbelt die Scheibe runter, bestellt ein paar Bier oder härtere Sachen, der Verkäufer bringt alles bis ans Auto, man bezahlt und fährt von dannen. Lustigerweise darf man laut Gesetz ab 18 Uhr nicht mehr zu Fuß zum Drive-In gehen, sondern muss (!!!) mit dem Auto vorfahren. Wie lautet der wirklich jeden Abend im Fernsehen laufende Spruch: Don't drink and drive ?!







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